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Jens Mastnak & Michael-Andreas Tänzer

Forschungen zur Hannoverschen Militärgeschichte 1

Celle im Siebenjährigen Krieg

Das Tagebuch des Garnisonsauditeurs
Johann Philipp Schowart

Am 13. Dezember 1757 brannte der größte Teil der Häuser auf der Celler Fritzenwiese ab – angesteckt von den französischen Besatzern der Stadt. Dies war wohl das einschneidenste Ereignis während Celles kurzer erster „Franzosenzeit“ im Siebenjährigen Krieg.

Aber auch das alltägliche Leben in der vom Feind besetzten Stadt gestaltete sich schwierig. Nur selten können wir uns heute noch eine Vorstellung vom damaligen Leben machen, wie es uns das hier erstmalig vollständig veröffentlichte Tagebuch des Celler Garnisonsauditeurs Schowart erlaubt.

Das Tagebuch Schowarts wurde vom damaligen Celler Oberbürgermeister Otto Hattendorf bereits 1895 dem Bomann-Museum Celle geschenkt. Clemens Cassel nutzte es intensiv für seine groß angelegte „Geschichte der Stadt Celle“ (1930/34). Einige hauptsächlich heereskundlich interessante Auszüge wurden 1963 von Friedrich Schirmer, der bei der Neuordnung der Militärakten des Museums auf das Tagebuch gestoßen war, in der „Zeitschrift für Heeres- und Uniformkunde“ veröffentlicht. Zu einer Gesamtpublikation kam es in beiden Fällen nicht.

Die Idee, das Tagebuch nunmehr endlich der Öffentlichkeit im Druck zugänglich zu machen, entstand während der Vorbereitungen zu der im Jahr 2008 im Bomann-Museum Celle gezeigten Sonderausstellung „Nec Aspera Terrent – Hannoversche Militärgeschichte vom Siebenjährigen Krieg bis zur Schlacht von Langensalza“. Der Band eröffnet gleichzeitig die neue wissenschaftliche Schriftenreihe „Forschungen zur Hannoverschen Militärgeschichte“ des Bomann-Museums.

Nach zwei Jahren intensiver Arbeit konnten Jens Mastnak und Michael-Andreas Tänzer vom Arbeitskreis Hannoversche Militärgeschichte zusammen mit Norbert Steinau endlich das die teilweise dramatischen Ereignisse der Jahre 1757-1759 in Celle detailliert schildernde Tagebuch des Garnisonsauditeurs der Öffentlichkeit zugänglich machen. [...] Der besondere Reiz des Tagebuches, ergänzt durch einen mit Akribie erstellten Fußnotenapparat, liegt [...] in der Perspektive des Verfassers. [...] Es ist der Bericht eines Mannes, der aufgrund seiner Ämter und Aufgaben vieles sah, erlebte und erfuhr, dass uns heute die Deutung der von ihm miterlebten Zeit erleichtern hilft. Das lobenswerte Unterfangen der Autoren schließt mit einem umfangreichen Orts- und Personenregister sowie einer sehr übersichtlichen Chronologie zum Verlauf des Siebenjährigen Krieges ab. Verdientermaßen darf dem preisgünstigen Werk eine weite Verbreitung gewünscht und der Hoffnung Ausdruck verliehen werden, dass der erste Band der Forschungen zur Hannoverschen Militärgeschichte der Auftakt zu weiteren gehaltvollen Publikationen ist. Frank Wernitz, Zeitschrift für Heereskunde, Nr. 438 (2010), S. 231f.

Mastnak und Tänzer haben [...] die hochinteressante Quelle bearbeitet und hervorragend erläutert. Eine bloße Transkription hätte diesem Tagebuch lediglich die Aufmerksamkeit der Militärhistoriker beschert. Der Mehrwert besteht in der gut recherchierten und angenehm lesbaren Darstellung des Beginns des Siebenjährigen Krieges und seiner machtstrategischen Hintergründe, die mit Dokumenten, Karten und Bilddarstellungen angereichert wurden. So erhalten die Leser einen Einblick in die Situation des Kurfürstentums Hannover in der Zeit der Personalunion mit Großbritannien und seine geographische Lage im Zentrum des europäischen Kriegsschauplatzes. Der eigentliche Text des Tagebuches macht denn auch nur etwas mehr als die Hälfte des gesamten Bandes aus. [...] Schowart schildert nicht nur die militärischen Aspekte der Besetzung, er berichtet auch detailliert über das Zusammenleben von Bürgern und einquartierten Soldaten, über steigende Preise, Fehlverhalten, Fraternisieren und viele Dinge mehr. [...] Wer eine dichte Beschreibung der Kriegszeiten in der Mitte des 18. Jh.s sucht, wird hier fündig. Die Transkription der Original-Tagebücher beginnt nach der Seite 82, kursiv gesetzt und gedruckt auf angegrautem Papier mit vermeintlichen Stockflecken an den Rändern. Durch diese originelle Hervorhebung meinen die Leser, im Original zu blättern. [...] Diese ausgezeichnete Zusammenfügung von Quellenedition und weiterführender Erläuterung macht dieses Werk auch für den Gebrauch an Schulen tauglich. Martin Kleinfeld, Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte, Band 96 (2010), S. 304ff.

Die vorliegende Publikation wurde in drei Teile gegliedert. Der erste einleitende Abschnitt (S. 13-72) behandelt in gut lesbarer wie informativer Form a) die Entstehung und den Verlauf des Siebenjährigen Krieges, b) die Besatzungspraxis während des 18. Jahrhunderts mit Hinweisen zur Versorgungslogistik, c) den Prokurator am Oberappellationsgericht und Garnisonsauditeur Johann Philipp Schowart (*1707) als Familienvater, Jurist und Zeitungsleser und d) abschließend die Interaktion der Celler Stadtbevölkerung mit ihren französischen Besatzern, wobei auch Beispiele für zeitgenössische Kriegspropaganda vorgestellt werden. Dieser erste Teil des Buches bietet, wie von den Autoren beabsichtigt, dem Leser die Möglichkeit „Schowarts Beschreibung besser verstehen zu können“ (S. 12). Im zweiten Teil, auf den Seiten 83-193 wird die Transkription des eigentlichen Tagebuchs vorgestellt. [...] Die buchstabengetreue Transkription des Textes wird durch zahlreiche Fußnoten ergänzt, die dem heutigen Leser hilfreiche Erläuterungen geben. Da der Text von Johann Philipp Schowart nicht für eine Veröffentlichung bestimmt war, darf der Leser freilich keine flüssige Lektüre erwarten. Neben militärspezifischen Informationen, die das stete Kommen und Gehen von Truppen betreffen, lesen wir von Lebensmittelpreisen, Brennholzmangel, Gottesdienstbesuchen, Wetterverhältnissen, Hinrichtungen, Gerüchten, Einquartierungsproblemen, Bränden, Totenschändungen, Krankheiten und vielen mehr. Den Abschluss der empfehlenswerten Publikation bietet im dritten Teil eine detaillierte Chronologie des Siebenjährigen Krieges, eine Auswahlbibliographie, ein Abbildungsverzeichnis sowie dankenswerter Weise ein Personen- und Ortsregister. Andreas Flick, Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Band 83 (2011), S. 423ff.